Wärmebild- und Nachtsichttechnik

Wärmebild- und Nachtsichttechnik

von Angelika Glock

Damit genug Licht ins Dunkel fällt …

Wie die meisten gesellschaftlichen Bereiche hat sich auch die Jagd in den vergangenen Jahrzehnten aufgrund fortschreitender Technisierung zunehmend modernisiert. Neben den Schalldämpfern ist vor allem auch die Wärmebild- und die Nachtsichttechnik in den Fokus der Jägerschaft gerückt – und das nicht nur aus reiner Technikbegeisterung. Vielmehr gelingt mit diesen technischen Errungenschaften eine waidgerechtere und effektivere Jagd. Wärmebild- wie auch Nachtsichtgeräte sind eine wichtige Unterstützung beim Entdecken und Ansprechen von Wildtieren bei schwierigen Lichtverhältnissen in der Dämmerung oder auch in der Nacht. In Zeiten von steigenden Schwarzwildbeständen (Stichwort ASP, aber auch Schwarzwildschäden an Grünlandflächen) ist das Thema Wärmebild- und Nachtsichttechnik brandaktuell – aber auch bei der Nachsuche, der Kitzrettung im Frühjahr und im Wildtiermonitoring können diese Geräte einen großen Nutzen bringen.

Zwei Technologien: Wärmebild- und Nachtsichtgeräte

Was beiden Gerätearten zunächst einmal gemeinsam ist: Man kann mit beiden nachts sehen. Technisch unterscheiden sie sich jedoch deutlich: Wärmebildgeräte wandeln unsichtbare Wärmestrahlung (von Lebewesen, Pflanzen, Gegenständen) in sichtbares Licht um. Sie funktionieren im Prinzip wie eine Digitalkamera, mit dem Unterschied, dass der verwendete Sensor nicht für sichtbares Licht, sondern für Wärme- bzw. Infratrotstrahlung empfindlich ist. Bei der Bilddarstellung kann gewählt werden zwischen „White Hot“ (weiße Darstellung der Wärmeabstrahlung des Wildtieres vor dunklem Hintergrund) und „Black Hot“ (Wärmeabstrahlung wird in Schwarz vor hellerem Hintergrund wiedergegeben). Alternativ lassen sich die Temperaturunterschiede in vielen Geräten auch farbig darstellen, wie es von der Gebäudethermografie bekannt ist.

Nachtsichtgeräte verstärken das vorhandene Licht wie etwa das Mondlicht (sogenannte Restlicht- bzw. Bildverstärker) oder wandeln für das menschliche Auge nicht sichtbares Licht im nahen Infrarotbereich elektronisch in sichtbares Licht um (sogenannte Bildwandler). Nachtsichtgeräte bestehen aus einem Objektiv, einer Bildverstärkerröhre, einem Okular und einer Stromquelle. Die Röhre verstärkt das einfallende Licht und erzeugt auf einem Leuchtschirm ein monochromes Bild mit einem Grünton, bei neueren Geräten in einem Schwarz-Weiß-Ton. Interessant dabei ist, dass es sich bei Nachtsichtgeräten dem Prinzip nach um eine analoge Technologie handelt.

Nachtsichttechnik wird in mehrere Generationen eingeteilt, die jeweils die verbaute Bildverstärkerröhre und somit das wesentliche Leistungsmerkmal näher definieren. Weitere wichtige Faktoren, die aus dem jeweiligen Datenblatt des einzelnen Geräts hervorgehen, sind Auflösung, Lichtverstärkung, Helligkeit und Rauschverhalten. Mit einem Nachtsichtgerät, in dem eine Röhre der Generation 2 bzw. 2+ und eine hochwertige Optik verbaut sind, ist ein Jäger in der Regel sehr gut bedient.

Digitale Nachtsichtgeräte gibt es seit der immer weiter fortschreitenden Entwicklung von bilddarstellenden Sensoren – hier wird statt einer Bildverstärkerröhre ein hochempfindlicher CMOS- oder CCD-Sensor verbaut, so wie man es von modernen Digitalkameras her kennt. Digitale Nachtsichtgeräte sind in der Regel günstiger als analoge Geräte, jedoch kommen sie an die Abbildungsqualität der Röhrengeräte derzeit bei Weitem nicht heran. In puncto Bildqualität sind zum aktuellen Zeitpunkt die analogen Geräte den digitalen also haushoch überlegen. Punkten können digitale Geräte damit, dass man sie im Gegensatz zu analogen Röhrengeräten auch tagsüber einschalten kann, da sie keine Bildröhre besitzen, die dadurch Schaden nehmen könnte.

Nachtsicht Nachtsichtsgerät Rehe Jagd

  Nachtsichtgeräte verstärken vorhandenes Restlicht und wandeln es um, sodass es für das menschliche Auge sichtbar wird. Durch Fluoreszenz erscheint das Abbild der Umgebung grünlich (der Blauanteil des Lichts wird ins grüne Spektrum verschoben, der Rotanteil in den Infrarotbereich). (c) Raimundo79/Shutterstock.com

Vor- und Nachteile von Wärmebildgeräten

Vorteile:

  • Wärmebildgeräte können bei Nacht, aber auch bei Tag eingesetzt werden.
  • Aufgrund der kontrastreichen Bilddarstellung kann Wild schnell ausfindig werden. Es lässt sich auch gut erkennen, ob beispielsweise einen Bache führend ist (die gut durchblutete, daher warme Milchleiste ist gut erkennbar).
  • Wild lässt sich früh entdecken – schon auf dem Weg zum Ansitz etwa kann geprüft werden, ob sich Wild in der Nähe befindet, um es dann zu umschlagen, ohne es dabei zu vergrämen. Dies führt zu mehr Jagderfolg und vertrauterem Wild (weniger Wildbeunruhigung im Revier).
  • Die Wärmebildtechnik funktioniert ohne jegliche Lichtquelle.
  • Wärmebildgeräte sind weitestgehend unabhängig von der Witterung.
  • Sie haben in der Regel eine Foto- und Videofunktion und einen höheren Funktionsumfang.
  • Es erfolgt keine störende Reflexion im dichten Bewuchs.
  • Wild wird nicht geblendet.
  • geringere Alterung der verwendeten Mikrobolometer bzw. Bildschirme
  • geringes Gewicht, kompakte Bauweise, hohe Reichweite

Nachteile:

  • hoher Energieverbrauch (nur durchschnittlich drei bis fünf Stunden Akkulaufzeit), vor allem bei Aktivierung mehrerer Zusatzfunktionen
  • nur zweidimensionales Bild, Entfernungen daher schwer abschätzbar
  • Ein Ansprechen von Geweihen/Gehörnen (außer von durchbluteten Bastgeweihen bzw. -gehörnen) ist nicht möglich, da unzureichende Wärmeabgabe.
  • Wärmebildgeräte müssen justiert und eingeschossen werden.
  • Sie sind nicht durch Autoscheiben nutzbar.
  • geringere Detailtiefe des Wärmebildes bei hoher Luftfeuchtigkeit und sehr warmer Umgebungstemperatur
  • Sich vor dem Wildkörper befindende Gräser und Zweige können vielfach nicht wahrgenommen werden.

Vor- und Nachteile von Nachtsichtgeräten

Vorteile:

  • sehr niedriger Energieverbrauch
  • „echtes“, detailreiches Bild ohne Zeitverzögerung
  • gute Erkennbarkeit von Details
  • sehr helles, scharfes Bild
  • Geweihe/Gehörne können angesprochen werden.
  • Kein Einschießen von Vorsatzgeräten nötig (der Jäger sieht nicht auf ein Display, sondern direkt durch Röhre/Linsen) – dennoch sollte stets ein Kontrollschuss erfolgen.

Nachteile:

  • Erschwertes Erkennen von Wild, da man eine Sicht ohne vollständige Farbpalette hat (lediglich gelblich grüne oder schwarz-weiße Darstellung möglich)
  • Die Bildverstärkerröhre verliert über die Dauer der Nutzung an Leistung.
  • Nachtsichtgeräte sind restlichtabhängig.
  • Sie sind witterungsabhängig (vor allem starker Regen und Nebel).
  • Einsatz nur bei Nacht oder sehr starker Dämmerung möglich (durch Sonneneinstrahlung kann die Röhre Schaden nehmen)

Zusammenfassung: Wer ein Gerät zur Beobachtung sucht, also Wild rasch aufspüren können möchte, ist sicher mit einem Wärmebildgerät optimal beraten, wer dagegen eher ein Gerät benötigt, um Wildtiere präzise anzusprechen, trifft mit einem Nachtsichtgerät die ideale Wahl. Viele Jäger nutzen beide Techniken in Kombination, es gibt inzwischen sogar fusionierende Geräte („Fusion Technology“), die beide Techniken, Wärmebild- und Nachtsichttechnik, in einem einzigen Gerät vereinen.

Was ist für die Jagd besser geeignet: Vorsatz- oder Nachsatzgeräte?

Kurz gesagt werden Vorsatzgeräte als zusätzliches Gerät vor das Objektiv eines Zielhilfsmittels, wie z.B. eines Zielfernrohrs, montiert. Wird die Montage auf der Okularseite des Zielhilfsmittels vorgenommen, also hinter dem Zielfernrohr, spricht man von Nachsatzgeräten oder auch Okulargeräten.

Vorsatzgeräte bauen deutlich nach vorn auf und verändern das Gleichgewicht einer ausbalancierten Waffe. Vor dem Zielfernrohr dürfen sich keine Visierteile befinden, die das Aufsetzen des Geräts unmöglich machen würden, auch durch einen auf der Waffe montierten Schalldämpfer können hier Probleme entstehen. Auch für den Adapter, mit dessen Hilfe das Gerät auf das Zielfernrohr aufgesetzt wird, muss rund um das Zielfernrohr genügend Platz sein. Vorsatzgeräte müssen sich für einen präzisen Schuss 100%ig in der Flucht mit der des Zielfernrohrs befinden, zudem müssen sie extrem zuverlässig montiert sein. Hinzu kommt, dass ihr Gewicht sowohl Zielfernrohr als auch Montage nicht unerheblich belastet.

Nachsatzgeräte dagegen sind kompakt, klein und leicht, und sie verlagern das Gewicht der Waffe nur wenig. Sie bewirken also keine Treffpunktlageveränderung. Zudem sind sie schnell montiert, also ideal etwa für die Pirsch geeignet, und sie lassen sich problemlos und rasch auch zur reinen Beobachtung verwenden, da ihr Okular stets verfügbar ist. Zudem sind sie in der Anschaffung vergleichsweise günstiger als Vorsatzgeräte.

Wärmebildgeräte gibt es, aufgrund ihrer Bauweise und Funktion, nur als Vorsatzgeräte bzw. als handgehaltene Geräte (sie können wegen der zahlreichen Glaslinsen innerhalb einer Fernoptik, also auch eines Zielfernrohrs, nicht hinter einer Optik angebracht werden, denn das Glas würde die Wärmestrahlung absorbieren). Bei diesen Geräten schaut man durch das Okular des Zielfernrohrs auf das Display des Wärmebildgeräts, das mithilfe eines Klemmadapters auf die Tageslichtoptik justiert wird.

Nachtsichtgeräte gibt es sowohl als Vorsatz- als auch als Nachsatzgeräte. Ein zentraler Aspekt ist, dass bei Nachsatzgeräten stets Lichtverluste durch das Zielfernrohr entstehen, da das Licht, das verstärkt werden soll, zunächst durch die Optik des Zielfernrohrs und die diversen Linsen fallen muss. Ein Nachsatzgerät ist demzufolge im Vergleich zu einem Vorsatzgerät schlichtweg deutlich dunkler. Zudem lässt sich bei einem Nachsatzgerät der Leuchtpunkt der Tageslichtoptik nicht verwenden, und es ist ein Parallaxenausgleich am Zielfernrohr erforderlich, damit sichergestellt ist, dass Absehen und Ziel gleichzeitig scharf gesehen werden können. Darüber hinaus wird bei Nachsatzgeräten der Augenabstand verringert, es sei denn, man versetzt das Zielfernrohr entsprechend nach vorn oder man behilft sich, in der Regel mit gutem Erfolg, mit dem Aufsetzen einer Schaftkappe. Auch der Anschlag wird bei Nachsatzgeräten entsprechend erschwert.

Die Frage, ob nun ein Vorsatz- oder ein Nachsatzgerät die bessere Alternative darstellt, lässt sich abschließend nicht allgemeingültig beantworten. Grundsätzlich sind sowohl Vorsatz- als auch Nachsatzgeräte eine für die Jagd geeignete Lösung, aber wie oben dargestellt haben beide auch jeweils prinzipielle Vor- und Nachteile. Die Entscheidung muss daher jede einzelne Jägerin und jeder einzelne Jäger vor dem Hintergrund der individuellen jagdlichen Situation selbst treffen.

Und was betrifft die Gesetzeslage?

Die rechtliche Situation hinsichtlich des Erwerbs, Besitzes und Einsatzes von Wärmebild- und Nachtsichtgeräten ist äußerst komplex – detaillierte Informationen dazu sind unter diesen Links zu finden:

Frage-Antwort-Papier Novelle Waffenrecht – DJV (Stand 09/2021)

Waffengesetz – Bundesministerium der Justiz:

Merkblatt zu Nachtsichtvor- und Nachtsichtaufsätzen; Hrsg.: BKA (Stand 06/2020):

Ausbildungsbroschüre „Die Nachtjagd – Edition 1“; Hrsg.: Liemke GmbH & Co. KG in Kooperation mit dem DJV (Stand 03/2021):

Ausnahmebestimmungen für die Verwendung von Nachtsichttechnik bei der Jagd auf Schwarzwild –DJV (Stand 09/2021)

Weitere Informationen zur Nachtjagd findet sich im gleichnamigen Magazin von Jagderleben: Magazin Nachtjagd

 

Titelbild: (c) Eva Grun